Hey Siri, was hältst du von KI ?
Ist KI eine technische Hilfe, oder doch eher eine Art Volksverdummung
Künstliche Intelligenz, kaum einer weiss wie sie wirklich funktioniert, einige können mit ihr umgehen, wenige hinterfragen sie. Der Nutzen, wie er zum Beispiel bei Übersetzungssoftware ja tatsächlich vorhanden ist, wird überschätzt, und die Nachteile geflissentlich ignoriert. Wie so oft bei neuer Technik.
Bei meinem sonntäglichen Blättern in der neuesten Ausgabe des Internet bin ich wieder einmal auf ein Video über ChatGPT gestossen. Der Vanlifer Sascha Ohde hat auf seiner schönen YouTube Seite ein informatives Video veröffentlicht, in welchem er mit Begeisterung die Möglichkeiten des KI-Programmes ChatGPT speziell für Camper vorstellt. Sehenswert aber auch für alle, die bisher nicht so ganz begriffen haben, wie ChatGPT funktioniert. Guckst du hier :
Wie üblich bei solchen Videos folgt meine Begeisterung einem menschlichen Algorithmus: Zuerst bin ich begeistert, nach einem Drittel schüttele ich verwundert den Kopf (gibt es wirklich einen Markt für Prompt-Schreiber ?), ab der Hälfte stelle ich mir viele Fragen, und alle beginnen sie mit :
Warum ?
Warum suche ich nicht im Internet nach den Antworten, dort habe ich den Vorteil das ich auch die Quellen zu Gesicht bekomme, auch wenn die Eingabe nicht so komfortabel ist wie bei ChatGPT. Wenn ich mich schon öfter im Internet über ähnliche Sachen informiert habe, kenne ich wahrscheinlich sogar entsprechende Seiten, die ich direkt aufsuchen kann, schliesslich ist man ja lernfähig. Oder noch besser, ich frage Freunde und Bekannte, sei es von Mensch zu Mensch oder über soziale Netzwerke im Internet. Auch hier kenne ich die Quelle und kann das Gesagte besser einschätzen.
Warum muss ich alles schnell und sofort haben, warum haben wir keine Zeit mehr uns selbst einzulesen und selbst das Gelesene zu strukturieren, zu überdenken. Effizienz ist nicht immer zielführend, erratisches Verhalten bringt uns oftmals weiter. Und wo bleibt da der Sinn fürs Abenteuer wenn ich alles schon vorher weiss ? Gerade als Vanlifer sollte man doch die Zeit haben sich in das Land und seine Menschen einzuleben, und nicht in die vorgeschlagenen Touristenfallen tappen.
Warum wird nur so wenig über die Tücken, oder gar die verborgenen Falltüren der KI berichtet ? Man mag mir Negativität unterstellen, aber der Hauptzweck solcher Programme ist der des Sammelns und Auswertens von Daten, unseren Daten, unserer Eingaben. Diese sind ja letztendlich auch die Basis aus denen die KI-Programme lernen. Und das KI-Programme nicht objektiv sind, sondern den Vorgaben der Leute folgen die sie programmieren, wird auch nur selten in Erwähnung gezogen. Das sollte aber jeder wissen bevor er diese Programme benutzt. Das wäre eine der wichtigen Quellen die man benötigt um die Seriosität der gelieferten Information einschätzen zu können.
Warum bitte soll ich eine Software benutzen um ein Buch zu schreiben, oder ein Bild zu „fotografieren“, oder eine umgebaute CNC-Maschine nutzen um ein Bild mit echten Farben auf echter Leinwand zu malen ? Was habe ich davon ausser einer kurzen Befriedigung meiner verkümmerten kreativen Ader ? Wäre es nicht erfüllender wenn ich mir die Zeit nehmen würde schreiben zu lernen, oder mich in eine andere kreative Arbeit einarbeiten würde ? Jeder der zum Beispiel einmal mit Malen angefangen hat, wird irgendwann mit unbändiger Freude vor seinem ersten selbstgemalten Bild sitzen, selbst wenn es nicht sonderlich gelungen ist.
Warum wundert sich keiner wenn wir Technik benutzen um Probleme zu lösen die wir ohne die Technik nicht hätten ? Im Video gibt Sascha ein schönes Beispiel: Er befragt ChatGPT nach einem Problem das er mit seinem Camper hat, und liest den Fehler aus der Blackbox des Autos aus um sie bei ChatGPT einzulesen. Warum haben wir so komplizierte Technik, gehts nicht auch einfacher ? Sicherlich, früher war nicht alles besser, aber man sollte sich doch die Zeit nehmen und neue Technik hinterfragen, bevor man sie einsetzt.
Wer bis hierhin gelesen hat, dem wird aufgefallen sein, dass sich zwei Worte sehr oft im Text wiederholen. Das eine ist Quelle, das andere Zeit. Beides sind für mich wichtige Grundbegriffe bei der Informationsbeschaffung.
Quellen
Die Quellen zu wissen ist wichtig um die Glaubwürdigkeit und die Genauigkeit der Information einschätzen zu können. Früher hat man sich dicke Lexika ins Bücherregal gestellt. Man wusste dass sich beim Brockhaus oder Meyers Universallexikon kluge Köpfe um die Artikel kümmerten, und sie aktualisieren. Dadurch das man Informationen über die Quelle hatte, war es möglich ein Vertrauen zum Inhalt der Artikel aufzubauen.
Selbst wenn ich in den Vorläufern von ChatGPT, den Internetsuchmaschinen, nach etwas suche, bekomme ich die Quellen angezeigt und kann dementsprechend die Qualität der gewünschten Information grob einschätzen. Erst recht natürlich bei wissenschaftlichen oder guten journalistischen Texten (ausser bei Faktencheckern), wo ich am Ende eine Liste mit Quellenhinweisen bekomme, mit denen ich den Text einordnen und mich selber weiter informieren kann. Oder anders ausgedrückt, ich muss hier selber denken, auf die natürliche Intelligenz vertrauen, und am Ende habe ich sogar noch etwas dazugelernt. Ich kann damit Informationen einfacher herleiten und vergleichen, etwas was mir durch die Faulheit bei der Nutzung von KI genommen wird.
Zeit
Und dann ist da die Sache mit der Zeit. Seit wann sind wir so gehetzt, seit wann müssen wir wie kleine Kinder alles sofort wissen (und vergessen es dann gleich wieder wie alte Erwachsene), warum nehmen wir uns keine Zeit mehr um zu lernen und zu verstehen ? Was machen wir mit der ganzen eingesparten Zeit ? Warum starren alle auf einen kleine Bildschirm vor sich um sich durchs Leben navigieren zu lassen, warum nehmen sie ihr Leben nicht selbst in die Hand ? Angst vor Fehlern, vor der eigenen Courage ? Angst vor dem was die Anderen sagen wenn wir aus der Herde ausscheren um ein eigenes Leben zu führen ?
Schlussbemerkung
Nicht das wir uns hier missverstehen, ich möchte weder die Zeit zurückdrehen, was ich eh nicht kann, noch jegliche Technik in Frage stellen. Nur sollten wir uns doch öfter einmal zurücklehnen und darüber Gedanken machen, ob wir wirklich jede „neue“ technische Errungenschaft brauchen. Ganz zu schweigen davon, was für Probleme man sich mit diesen neuen Sachen einhandelt. Eine Vereinfachung, wie sie ChatGPT letztendlich darstellt, bedeutet ja auch immer, dass ich an die Technik Macht abgebe, die ich vorher noch selber hatte, und damit wertvolles Wissen verliere.
Noch können wir ohne ein Smartphone auskommen, bald ist es nicht mehr möglich. Nicht nur weil wir zu dumm sind, wie man schon jetzt nach der langjährigen Nutzung von Navigationssystemen erkennen kann, sondern auch, weil andere das Smartphone für ihre Zwecke nutzen um uns damit zu kontrollieren, selbstverständlich nur zu unserem Vorteil.
Ein bisschen erinnert mich das aktuelle Verhalten der Gesellschaft an Platos berühmtes Höhlengleichnis. Die Menschen strömen zur Zeit in Scharen in die Höhle, weil die dort gezeigte virtuelle Realität sauberer und überschaubarer ist als die raue Realität vor der Höhle. Warum also dieser Stress mit der Freiheit da draussen, lieber in der gemütlichen Höhle mit Gleichgesinnten ein fröhliches Leben haben, all inklusiv, mit Facebook, Netflix und Spotify, und Unmengen Pizza vom Lieferdienst. Das ist die von Aldous Huxley prophezeite Schöne Neue Welt.
Aber, es ist doch wohl nicht der Sinn des Lebens technisches Gerät bei Laune zu halten, oder Siri ?